Auf meinem Weg durch das Dorf fällt mein Blick auf Böhnen Eiken. Darin bin ich endlos herumgestromert und habe Abenteuer erlebt und Butzen gebaut.
Am Abhang direkt hinter dem überdachten Gang von der Schule zur Turnhalle haben wir alle gerodelt. Und der Pausen- Spielplatz an der Schule, der vorne am Hof und der hinter der Turnhalle, war immer offen und zum Klettern und Spielen perfekt. Hinter der Turnhalle stand eine buntbemalte, alte Kutsche, auf der man herum klettern konnte. Kannst du dich an die noch erinnern? Und große alte Treckerreifen ohne Felgen und mit Sand befüllt. Man konnte auf dem Rand sitzen und bequem buddeln.
Jetzt wäre Sünne Matten Zeit.
All die Kinder, die herumgezogen sind von Haus zu Haus und gesungen haben. Das Lied kann ich heute noch.
Taschen voller Leckereien. Der reinste Süßigkeitenrausch.
Das war jedes Jahr ein Höhepunkt.
Auf dem Feld vorm Haus haben wir im Herbst Drachen steigen lassen. So richtige, die wir aus Latten und Papier gebastelt und bemalt haben. Wenn der Faden schön straff im Wind stand, konnte man kleine Zettelchen daran hochzischen lassen. Post für den Drachen.
Ich habe aus Streichhölzer und Eicheln unendlich viele Eichel-Männchen und alle möglichen Tiere gebastelt und Collagen aus bunten Blättern geklebt.
Und jedes Jahr im Frühwinter kam ein Igel zu uns auf die Terrasse, den meine Mutter gefüttert hat, bis er rund und dick genug für den Winterschlaf geworden war.
Und später dann diese endlos langen Wege, die man durch Wind und Wetter zu Fuß durch die Dunkelheit bis zur Bushaltestelle laufen musste, um den Schulbus zu erwischen.
Morgens gab es heißen Hagebutten-Tee.
Bei uns gab es ohnehin unglaublich viel Tee. Meine Eltern waren beide keine Kaffeetrinker.
Bald hätte die Vorweihnachtliche Zeit angefangen und alle Häuser hätten nach Keksen gerochen, die Backöfen im Dauerstress.
Mit zu den schönsten Erinnerungen gehört, dass immer alle Türen offenstanden und man überall willkommen war. Überall so viel Wärme.
Den Weihnachtsbaum haben mein Papa und ich immer zusammen mit einem Nachbarn mit dem Schlitten geholt. Er hatte hinten im Garten Weihnachtsbäume angepflanzt.
Zuhause wurde der Baum dann geschmückt und natürlich gab es echte Kerzen. Was für ein Glück, dass LEDS noch nicht erfunden waren. Der Duft von Tannennadeln und Kerzenwachs ist unübertroffen. Die ganze Stube hat danach geduftet am Morgen des ersten Weihnachtstags, wenn sich die Aufregung der Bescherung gelegt hatte und noch einmal in aller Ruhe die Geschenke inspiziert, das neue Buch zum ersten Mal aufgeklappt, das neue Spielzeug zum ersten Mal ausprobiert wurde.
Von meiner Patentante kam jedes Jahr zu Weihnachten ein Päckchen mit einem dicken Astrid Lindgren Buch.
Ich werde wohl mein Leben lang Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberger und die Kinder von Bullerbü mit Kerzen- und Tannenduft verbinden.
Überhaupt der Schlitten. Damals gab es ja oft noch knackig kalte Winter. Als ich ganz klein war, haben meine Eltern oft zusammen mit mir einen Nachtspaziergang unternommen. Ich saß dick eingepackt auf dem Schlitten und wurde von den beiden gezogen. Ich höre noch den Gleichklang der Schritte auf der Straße knirschen. Die war voller Frost und Raureif und hat gefunkelt, wie tausend Edelsteine. Rundherum nur Stille und Weite und über uns der Mond und die funkelnden Sterne. Wir haben die Sternbilder gesucht. Den großen und den kleinen Wagen. Manchmal hat mein Vater mit seiner tiefen Stimme in der Dunkelheit eine spannende Geschichte erzählt. Warm eingepackt auf einem Schlitten sitzend kann man sich ganz vorzüglich gruseln. Es war bitterkalt und trotzdem einfach nur absolut wunderschön.
All das sind Erinnerungen, die ich mit Nordhemmern verbinde.
Erinnerungen, die ich tief im Herzen verankert habe.
Es ist schon so lange her, aber die Gefühle kann ich noch spüren.
Unser Kindheitsdorf eben…….